Am von Thomas Schwarz in IT & Innovationsmanagement

Wie das Digitale Dilemma Deutschlands Wirtschaft bremst: Interview mit Bert F. Hölscher

Bert Hoelscher über das Digital Dilemma

Viele Branchen in Deutschland haben ein Problem: Die Umstellung von analogen auf digitale Prozesse verläuft nicht so einfach, wie sich Firmen das wünschen. Gründe hierfür liegen unter anderem im Fachkräftemangel im IT-Bereich aber auch in der Umsetzung durch die Unternehmen.

smapOne hat mit dem Autor des Buchs "Digitales Dilemma: Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Effizienz und Innovation - Ein Wegweiser in die digitale Zukunft", Bert. F. Hölscher, über mögliche Lösungen gesprochen.

Das Digitale Dilemma in der deutschen Wirtschaft

Was ist das Digitale Dilemma?

Bert F. Hölscher: Das grundsätzliche Digitale Dilemma besteht vor allem darin, dass Unternehmen ihr aktuelles Geschäftsmodell grundlegend in Frage stellen müssen, obwohl dieses bislang noch gut funktioniert. Wenn Unternehmen aber erst auf digitale Angreifer reagieren, wenn diese bereits vor der Tür stehen, wird es für die allermeisten Unternehmen bereits zu spät sein. Unternehmen müssen also lernen, sich selbst kreativ zu zerstören, bevor es die Anderen tun.

Worin besteht Ihrer Meinung nach aktuell die größte Herausforderung für Unternehmen auf dem Weg in die digitale Zukunft?

Bert F. Hölscher: Die Herausforderung besteht im Wesentlichen darin, die Digitalisierung nicht als technologisches Projekt misszuverstehen, sondern vielmehr als organisatorischen Change zu akzeptieren. Durch die Digitalisierung bzw. Automatisierung werden sich ganze Arbeitsbereiche und Arbeitsprozesse verändern und somit auch ganz neue Anforderungen an die entsprechenden Mitarbeiter stellen. Es ist die Aufgabe des Managements, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter diesen Veränderungsprozess mitgehen und im besten Fall auch aktiv mitgestalten können.

Wenn in einem Unternehmen die digitale Transformation stockt, woran liegt dies Ihrer Meinung nach?

Bert F. Hölscher: Das liegt in allererster Linie daran, dass der Transformationsprozess eben nicht als Change Projekt verstanden wird. Der Mensch als solcher ist zunächst einmal veränderungsresistent. Will ich Mitarbeiter für eine veränderte Arbeitsweise gewinnen, so muss ich die Vorteile und den persönlichen Nutzen deutlich machen. Hier passiert aktuell viel zu wenig und die Verantwortlichen gehen nach wie vor davon aus, dass alle Mitarbeiter mit großem Jubel auf den Transformationszug aufspringen. Wer einen strukturierten Tranformationsprozess in Gang setzen möchte, muss zunächst einmal eine Veränderungsbereitschaft herstellen und dann im Anschluss dafür sorgen, dass auch eine Veränderungsfähigkeit sichergestellt wird. Hierzu müssen entsprechende Weiterbildungsformate angeboten und die notwendigen Skills vermittelt werden.

Wie lässt sich das digitale Dilemma lösen?

Was sind die wichtigsten Faktoren, um das digitale Dilemma zu meistern?

Bert F. Hölscher: Die Einsicht, dass Veränderung zu einer permanenten Aufgabe wird. Das sind im Übrigen ja auch die Eckpfeiler des agilen Manifests, nämlich pro-aktiv die Veränderungen im Markt wahrzunehmen und entsprechend frühzeitig darauf zu reagieren. Unternehmen müssen in unserer heutigen volatilen und dynamischen Marktstruktur dazu kommen, Veränderung als selbstverständlich zu akzeptieren. Nur wer sich selbst regelmäßig in Frage stellt, wird ausreichend Dynamik aufbauen können, die notwendigen Veränderungen und Anpassungen zeitgerecht umzusetzen.

Welches Mindset müssen Führungskräfte dafür mitbringen?

Bert F. Hölscher: Führungskräfte müssen sich vom Diktat des Mikromanagements verabschieden und mehr in eine Rolle des Servant Leadership hineinwachsen. Die moderne Führungskraft versteht sich als Enabler, Motivator und Coach und nicht als Aufpasser und Befehlsverteiler. Die Einsicht in die Fähigkeit der Selbstorganisation von Mitarbeitern ist eine der wichtigsten Denkweisen. Ebenso die Fähigkeit, Menschen zu einer positiven Grundhaltung gegenüber Veränderungen zu führen und das Unternehmen in Richtung einer lernenden Organisation zu bewegen.

Welche Fähigkeiten (Softskills und Hardskills) brauchen Mitarbeiter heutzutage, um in einer digitalen Gesellschaft bestehen zu können?

Bert F. Hölscher: Das lässt sich nicht universell beantworten. Durch die fortschreitende Automatisierung fallen viele Standardtätigkeiten weg. Wollen Mitarbeiter weiterhin für Unternehmen attraktiv bleiben, so muss die frei werdende Zeit für wertschöpfende Arbeiten genutzt werden. Diese gehen von Prozessoptimierung bis hin zur Initiierung neuer Geschäftsmodelle. Insofern zählen zukünftig Kreativität, Innovationsgeist und Inspiration mehr als Sorgfalt und Akribie, denn das kann inzwischen besser von Maschinen übernommen werden.

Was müssen Unternehmen tun, um eine Umgebung zu schaffen, die Mitarbeiter motiviert und fördert?

Bert F. Hölscher: Flexibilität dürfte da wohl die Antwort der Stunde sein. Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsort und die Arbeitszeit, aber auch in Bezug auf die Aufgaben und die Zugehörigkeit zu Teams. Mitarbeiter der heranwachsenden Generationen haben ganz andere Wertekonzepte und lassen sich durch ganz andere Themen begeistern als die Vorgenerationen. Status macht sich nicht mehr an Firmenwagen, Einzelbüro und Assistenz fest. Die Freiheit, selbst über die Gestaltung des eigenen Arbeitsplatzes und seiner Inhalte entscheiden zu können, wird heute als wertvoll erachtet. Daher müssen Unternehmen ganz schnell weg von starren Silostrukturen und festgefahrenen Arbeitsplatzbeschreibungen.

Citizen Development und No Code als Enabler der digitalen Transformation

Wo sehen Sie die Bedeutung von Citizen Development in diesem Bereich?

Bert F. Hölscher: Citizen Development folgt genau dem von mir weiter oben beschriebenen Gedankengut. Mit Hilfe von immer leichter zu bedienenden Softwaretools können Mitarbeiter direkt an der Quelle des Übels für die notwendige Optimierung sorgen. Die sonst so anstrengende und fehleranfällige Übersetzung von Fachanforderung in Softwarecode entfällt, da hier Anforderungsdesigner und Softwareentwickler ein und dieselbe Person sind.

Können No-Code- und Low-Code-Tools helfen, das Digitale Dilemma zu lösen?

Bert F. Hölscher: Ja, unbedingt. Wenn die Möglichkeit zur selbstorganisierten Optimierung in die Hände derer gelegt wird, die jeden Tag an diesem Prozess arbeiten, dann entsteht nicht nur viel mehr Dynamik in der Veränderung, sondern die Anforderungen können viel genauer umgesetzt werden. Mitarbeiter werden selbstbestimmt und können ihre Erfahrungen aus der täglichen Praxis unmittelbar in die Verbesserung der Prozesse und des Arbeitsumfeldes einbringen.

Vielen Dank, Herr Hölscher, für die wertvollen Einsichten und das spannende Interview!

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Über Bert F. Hölscher

Bert F. Hölscher wurde 1965 in Düsseldorf geboren und studierte an der Universität Köln Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik. Als "Digitaler Pionier" war er 1993 an der Einführung der weltweit ersten Katalog-CD-ROM für die Otto Group und am konzeptionellen Aufbau von bild.de des Axel Springer Verlags beteiligt. Außerdem entwickelte er für BMW den ersten interaktiven Car-Konfigurator. 

2007 gründete er gemeinsam mit Siemens, Osram, BMW, Evonik, Schott, Bombardier und Deutsche Bahn das Innovationsnetzwerk "open-focus". Mehr erfahren Sie auf der Website von Bert F. Hölscher.

 

* Bilderquelle: Bert F. Hölscher

Thomas Schwarz

CTO/Vorstand

Thomas Schwarz

Als Vorstand der smapOne AG liegt der Fokus von Thomas Schwarz auf Produktentwicklung und Datensicherheit. Vorher verantwortete er als Vice President das Anwendungsentwicklungsgeschäft eines IT-Beratungshauses mit rund 750 Mitarbeitern. Seine tiefgreifende Erfahrung in der Softwareentwicklung, speziell im Mobile Business Umfeld, konnte er in unterschiedlichen Branchen als Berater, Teamleiter und Manager sammeln. Neben der fachlichen Erfahrung und Kompetenz als Manager zeichnet den studierten Diplom-Medienberater die Fähigkeit aus, auch hochkomplexe Sachverhalte verständlich darzustellen und in die Sprache der jeweiligen Zielgruppe zu übersetzen.

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